Luzerner Zeitung: Mehr Freiheit und weniger Abhängigkeit dank digitaler Münzen?

20. Januar 2023

Gastbeitrag von Prof. Edy Portmann erschienen in Luzerner Zeitung am 14.01.2022

Der Finanzsektor ist im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung heute doppelt so gross wie vor 20 Jahren. Dieser Entfremdung von Finanz- und Realwirtschaft widmet sich der von Karl Reichmuth begründete Real Unit, ein durch Realwerte gedeckter Aktientoken, der sich immer grösserer Beliebtheit zu erfreuen scheint.

Die Geldflut der Notenbanken, die Verschuldung der Staaten und die immer grössere Entfernung der Finanz- von der Realwirtschaft werden zum Risiko von Privateigentum. Karl Marx, der grosse Kritiker des Kapitalismus, hat einmal gesagt, dass «in der Zuspitzung der Verhältnisse die Lösung liege». Könnte es sein, dass sich diese Zuspitzung heute mit neuen Kryptotechnologien als «Bank in der Hosentasche», wie sie der Bankier Karl Reichmuth nennt, noch einmal, diesmal aber binär, ankündigt? Denn je mehr digitale Münzsysteme aufkommen, desto mehr werden ihre Tokens als Wertaufbewahrungssysteme im gewöhnlichen Leben akzeptiert und eingesetzt. Und wenn für die Umsetzung nachhaltige Technologien zum Einsatz kommen, die energiesparsam und ressourcenschonend sind, dann kann man dieser Art Eigentumssicherung doch sehr viel abgewinnen.

Der frühere deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl glaubte, dass «wer die Vergangenheit nicht kennt, die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten könne». Im Buch «Keltengeld» stellt der Numismatiker Bernward Ziegaus Münzen der Kelten und den benachbarten Völkerschaften vor. Um Eigentumssicherungstechnologie nachhaltig zu nützen, so stellte ich mir die Zukunft der Kryptotechnologie während der Lektüre des Buches bildlich vor, könnten wir die Tokens doch als ein «Remake» des keltischen Münzsystems gestalten.

Vor zwei Jahrtausenden brachte dieses System, wie es die im Buch vorgestellte Sammlung zeigt, offenbar wohlstandsfördernden Handel von Schottland bis Italien, von Portugal und Spanien bis in die Türkei mit sich. Hierfür sollen bei den Kelten auch Bäume eine Rolle bei der Eigentumssicherung gespielt haben: Wenn sie Land rodeten, liessen sie angeblich einen «Lebensbaum» stehen, der ihnen Nahrung bot. Aber wie macht man das digital? Vielleicht macht es für eine kelteninspirierte Kryptoumsetzung analog zum Wurzelwerk eines Baums Sinn, dass digitale Münzsysteme mit (unserer Kryptowelt externem) Fiatgeld oder Edelmetall gedeckt werden. Die wertgesicherten Tokens, respektive unser «keltisches Münzsystem 2.0», könnten uns doch so mit Liquidität versorgen?

Im Sommer 52 v. Chr. siegte Cäsar über Vercingetorix. Sehr verkürzt brachte sein Sieg den freien keltischen Völkern oder Stämmen, die zuvor mal zusammenarbeiteten und mal nicht, das Prinzip des «Teilens und Herrschens». Das Herz dieses Binärdenkens, das sich heute als 0/1-Code auch in der Digitalwelt festbeisst, ist wohl mit ein Grund, dass sich gegenwärtig kaum zwei Menschen (mehr) verstehen. Dieses Weltbild gewann seit damals aber an Boden und treibt in der aktuellen Digitalisierung die Maschinerie unserer Finanzwelt an. Bloss stehen dieser Maschinerie heute immer mehr autonome Kryptosysteme entgegen. Und so sehe ich diese Technologie mit ihrer grossen Abwicklungssicherheit als eine dezentralisierte Zukunftsalternative, wie sie vielleicht auch die Kelten genutzt hätten. Denn Eigentum und dessen Erwerb ist letztlich eine der besten Strategien, um dafür zu sorgen, dass es uns gut geht.

Die Energie der Digitalisierung muss zu den Wurzeln zurück. Kryptowährungen wie der Bitcoin sind leider etwas (zu) verkopft und vermutlich (noch) zu weit weg von der Realität der Menschen, somit nicht «geerdet». Wir sollten Technologie aber so verwenden, dass sie unsere Gemeinschaften dabei unterstützen, auch im Sinne des Umweltschutzes zu wirken. Dazu muss ihre Umsetzung nicht nur nachhaltig ausgerichtet werden. Mit realen Werten wie Anteilscheinen, Immobilien und Rohstoffen mitsamt gängigen Edelmetallen können Tokens in ein in der Abwicklung digitales Münzsystem integriert werden. Wenn die Realwerte dieser Tokens unsere Gemeinschaften nachhaltig stützen, können wir uns (wieder) autonom machen, und darauf liesse sich auch ein politisch und wirtschaftlich stabiles System bauen.

Der gebürtige Luzerner Edy Portmann ist Informatikprofessor und Förderprofessor der Schweizerischen Post am Human-IST-Institut der Universität Freiburg.

 

Weitere Informationen

Unter realunit.ch/token finden Sie zusätzliche Informationen zu unserem Aktientoken und wie sich dieser von Bitcoin unterscheidet.

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